Praxis für Ergotherapie

Beate Homawoo - Staatl. Geprüfte Ergotherapeutin

Sensorische Integrationstherapie mit Medium Kamel

 

 Sharin Maya

Kamele in unsere Reithalle Sonnenland Homawoo bei Diez.

www.sonnenland-homawoo.de

Diese Therapieform ist eine Privatleistung; sie darf nicht auf Kosten von RVO- und VDEK-Kassen stattfinden.

Ein Kamel bewegt sich im Gegensatz zum Pferd im Passgang fort. Seit Takt ist langsam und gemütlich. Da das Kamel keine Hufe, sondern Schwielensohlen besitzt, ist jeder Schritt federnd, gepuffert. Der Reiter sitzt in einer angenehmen Anlehnung zwischen den beiden Höckern, wird von der Körperwärme des Tieres durchflutet und behutsam in den rhythmischen Bewegungsablauf gewogen. Von sehr großem Nutzen für die Therapie ist, dass sich das Becken des Reiters homolateral bewegt, d.h. beide Körperhälften agieren synchron um die horizotale Achse. Der Reiter kann ein alternierendes Vor- und Rückwartskippen seines Beckens wahrnehmen. Auch die Ruhe und Gelassenheit des Kamels sind ansteckend und unweigerlich beeinflüssend.

Die Sensorische Integrationstherapie mit Kamel als Therapiemedium ist eine Behandlungsmethode der Ergotherapie. Der Ergotherapeut braucht hierfür die Zusatzqualifikation der Sensorischen Integrationstherapie.
Hat der Arzt Ergotherapie verordnet, wählt der Ergotherapeut Therapiemedien aus; hier ist das Therapiemedium also das Pferd. Der Arzt muss kein spezielles Rezept ausstellen. Die Patienten/die Eltern der Patienten leisten keine Zuzahlung. Die Krankenkassen zahlen den kassenüblichen Satz für Ergotherapie.

Mit dem Kamel als Therapiemedium werden die verschiedenen Ziele der Sensorischen Integrationstherapie verfolgt und individuell auf den Patienten/das Kind abgestimmt. Im Vordergrund steht also nicht das „Reiten lernen“.

Es seien hier nur einige wichtige Ziele genannt, die durch dieses spezielle Therapiemedium mit seinem hohen Aufforderungscharakter erreicht werden sollen:


1. Körperwahrnehmung

Körperschema: das Kind macht intensive Körpererfahrungen und lernt seinen Körper in Bezug zur Umwelt zu setzen, z.B. erfährt das Kind, wie lang sein Arm ist, wenn es an die Mähne des Pferdes fassen will
Propriozeption: (Stellung der Gelenke im Raum), z.B. kann das Kind beim Duoreiten noch ein anderes Kind zu sich hoch aufs Pferd ziehen
Tiefensensibilität/Kraftdosierung: das Kind erfährt z.B. ob es den Huf allein hochhalten kann, um ihn auszukratzen
Tastempfinden: das Kind muss sich mit vielen Oberflächenqualitäten auseinandersetzen (raues, glattes, stumpfes, weiches, kaltes, warmes Material)
Gleichgewicht: das Kind muss sich an den Rhythmus des Pferdes anpassen; beim Gehen durch den Sand werden ihm ständig Gleichgewichtsreaktionen abverlangt

 

2. Selbstvertrauen

Selbsteinschätzung auf natürliche Weise, z.B. erfährt das Kind, ob es genügend Kraft hat, den Voltigiergurt zu tragen. Es erfährt, ob es Höhen überwinden kann beim Aufsteigen auf das Pferd. Auch erfährt es etwas über seine Geschicklichkeit (Feinmotorik) z.B. beim Öffnen und Schließen der Schnallen
Entschlussfähigkeit: das Kind lernt, selbst zu beginnen, z.B. die Zügel aufzunehmen
Selbstüberwindung: das Kind überwindet sich z.B. das Pferd zum Platz zu führen

 

3. Aufmerksamkeit

das Kind muss z.B. aufmerksam verfolgen, wie viele Runden jeder reiten darf und darauf achten, dass es seinen Einsatz nicht versäumt
4. Konzentration

das Kind will z.B. eine Runde im Grundsitz korrekt durchhalten, lässt sich durch nichts ablenken. Es will seine Sache gut machen



5. Selbstwertgefühl

Sicherheit: das Kind erfährt, dass es vom Pferd getragen wird und das es vom Pferd so akzeptiert wird, wie es ist. Das Pferd lässt Ängste zu, es bewertet nicht
Selbstkontrolle: durch wiederkehrende Aufgaben (Grundsitz, Mühle, Fahne, Doppelsitzer) kann sich das Kind selbst kontrollieren; es erfährt, dass es die Aufgabe bei jedem Mal etwas besser bewältigt
Unmittelbarer Erfolg durch realistische, situative Aufgaben, z.B. vom Pferd herunterspringen und richtig aufkommen
6. Hand-Hand- und Hand-Augen-Koordination

Das Kind erfährt, dass es mit beiden Händen unterschiedliches tun kann (bimanuelles Arbeiten), z.B. eine Schleife in die Longe binden. Es erfährt, welche Hand automatisch die schwierigen Aufgaben erfüllt. Um für das Kind neue, ihm fremde feinmotorische Aufgaben zu bewältigen, muss das Kind hinschauen, z.B. beim Schließen einer Schnalle
7. Soziale Fähigkeiten

Einhalten von Regeln/feste Rahmenbedingungen: z.B. sieht das Kind, das alle die Platzregeln einhalten wie z.B. „nicht auf dem Platz rennen“. Das Kind nimmt Konsequenzen für sich hin, akzeptiert, dass es einen bestimmten Abstand zum Pferd halten muss
Rücksichtnahme: z.B. ein unterlegenes Kind nicht zu drängen oder auszulachen
Kontakte: z.B. entscheidet das Kind, wen es beim Duoreiten zu sich aufs Pferd hochziehen möchte
Eigenverantwortung: das Kind weiß z.B., dass der erste das Pferd zum Platz führen darf. Wenn es regnet, wird es nass, wenn es nicht an seine Regenjacke gedacht hat.



8. Kognitive Fähigkeiten

Raum-Lage-Empfinden: das Kind lernt verbale Anweisungen umzusetzen, es muss gezielt seinen Körper in Bezug zur Umwelt setzen, z.B. muss das Kind beim Aufsteigen aufs Pferd das rechte Bein hinten über den Pferderücken heben, beim Absteigen muss es das linke Bein nach vorn über den Pferdehals führen
Lateralität (Seitigkeit): das Kind muss z.B. immer an der linken Seite des Pferdes auf- und an der rechten Seite absteigen, beim Putzen wird immer links vorne begonnen
Zahlenbezug: durch Einhalten von Reihenfolgen, Zahlen raten, Zahlen in den Sand schreiben, Runden zählen wird das Kind immer wieder mit Zahlenbegriff und Zahlenwert konfrontiert
Zeitgefühl: Zeit bekommt Sinn, z.B. ist der Montag für das Kind nicht der Montag, sondern der Reittag. Durch die Einteilung der Therapiestunde in Vorbereitung, Begrüßungs-, Wunschrunde usw. erfährt das Kind zeitliche Begrenzung
Ziele:

Verbesserung des Körperschemas und der Eigenwahrnehmung
Integration in den Alltag
Entwicklung von Handlungskompetenzen und Handlungsstrategien